Eigentlich hätte ich es mir denken können, als ich den Untertitel „Markt des guten Geschmacks“ der Leitmesse des Slow Food Deutschland e.V. gelesen habe, aber man möchte ja positiv an eine Sache herangehen. Tatsache war, dass es sich bei der Slow Food Messe 2012 in Stuttgart fast nur um einen Markt handelte, den angekündigten Messecharakter konnte ich kaum erkennen. Ich zitiere hier meinen guten Freund und Begleiter des gestrigen ausflugsreichen Samstag, @timbo_SF:
Weihnachtsmarkt mit Eintritt, aber ohne Glühwein
Aber der Reihe nach. Der Eintritt gestaltete sich mit unseren Onlinetickets sehr problemlos, dann machte sich jedoch der erste negative Eindruck bemerkbar. Am Eingang West konnten wir für die Slow Food Messe kein Ausstellerverzeichnis, das übrigens weder im Internet, noch in der gedruckten Version vollständig ist, mit Rahmenprogramm finden. Auf Nachfrage beim Personal der Messe Stuttgart, wurden wir an den Eingang Ost verwiesen – ein aus meiner Sicht unzumutbarer Zustand! Nach einer kleinen Orientierungslesung an einem Wegweiser war uns dann auch der Weg zur richtigen Halle bekannt. Hier muss der Vollständigkeit halber noch erwähnt werden, dass wir mit dem Eintrittsticket (Normalpreis € 12,–) die Slow Food Messe (Halle 5 und Teile Halle 3), GARTEN – outdoor • ambiente (Halle 7), FAIR HANDELN (Teile der Halle 3), YogaExpo (Atrium), ams i-Mobility (Halle C2), Int. Mineralien- und Fossilienbörse (Halle 9) und die HAUS|HOLZ|ENERGIE (Halle 8.) besucht werden konnten.
Wie oben schon erwähnt, erwartete uns in Halle 5 nicht viel, was mit einer Messe zu tun hatte. Es war auf den ersten Blick erkenntlich, dass es sich um eine reine Verkaufsveranstaltung handelt – wie auch angekündigt, einen Markt. Den guten Geschmack vermisste ich leider sehr oft, was allerdings in den meisten Fällen nicht an den dargebotenen Produkten, sondern an den vielen unfreundlichen und verkaufsgeilen Standmitarbeitern lag. Ich kann es ja verstehen, dass die ausstellenden Unternehmen nicht jeden Besucher mit der Verkostung ihrer Produkte in einen Sättigungszustand versetzen können, aber auf der anderen Seite, sollte man schon etwas zum Probieren haben, damit sich eine Geschmacksentfaltung des Produktes entwickeln kann. Hier ein etwas überspitztes Beispiel: Es hilft nicht wirklich, wenn man sich so sehr darauf konzentrieren muss, etwas Pesto ohne Kleckern auf ein fingernagelgroßes Stück Brot zu streichen, nur um dann festzustellen, dass man immer noch mehr Brot schmeckt, als das eigentlich zu verkostende Pesto. Hinzu kommt, dass man sehr viele Produktproben nur nach Bezahlung eines kleinen Obolus in den Mund bekam. Dieser auf einer Messe etwas sehr fragwürdigen Vorgehensweise kamen wir zwar des Öfteren nach, allerdings entsprach nicht ein Verkostungskauf unserem Gusto so, dass wir das Produkt in die engere Wahl eines Erwerbs gezogen hätten. Ja, anscheinend sind wir beide Schleckermäuler, aber erschreckend finde ich das trotzdem. Noch erschreckender empfand ich jedoch, die an sehr vielen Ständen erste Frage nach der Verkostung. Anstatt zu fragen, ob das Produkt schmeckt, hörte ich leider sehr oft zuerst „Wie viel darf ich Ihnen davon einpacken…?“. Wie war das nochmal mit Slow Food? Ich zitiere aus der Kurzbeschreibung der Messe Stuttgart:
(…)Hier wird der Konsument zum Koproduzenten und kann sich mit engagierten Erzeugern direkt über Anbau, Vertrieb und Zubereitung erstklassiger Lebensmittel austauschen, ausgesuchte Produkte bester handwerklicher Qualität probieren und nach Herzenslust einkaufen (…)
An vielen Ständen war das definitiv auch so, jedoch an vielen weiteren auch nicht. An einem Stand, wurde ich sogar vorwurfsvoll gemaßregelt, weil ich nach der Verkostung und der oben genannten Verkaufsfrage bemerkte, dass mich die Chili-Schwarzwurst geschmacklich nicht überzeuge. Ja, man glaubt es kaum, sogar die beleidigte Leberwurst war hier anwesend.
Leider erwartete uns im Slow Food Teil der Halle 3 nichts anderes, so dass wir diese Veranstaltung schon nach knapp drei Stunden wieder verließen und uns einen kurzen Abstecher in die Halle C2, zur wirklich sehr gelungenen „Sonderschau Autos mit alternativen Antrieben“ der i-Mobility, gönnten.
Natürlich gab es auch sehr erfreuliche Erlebnisse auf der Slow Food Messe, denn wir hatten einige sehr anregende Gespräche mit diversen Ausstellern und hervorragende Verkostungen toller Produkte. Allerdings werde ich mir die Produkte, die mir sehr gut zusagten, für eine ausgiebige Verkostung nach Hause liefern lassen und bei Gelegenheit in einem separaten Beitrag diesesm Blogs darüber berichten. Leider halfen mir diese positiven Erfahrungen nicht, den negativen Gesamteindruck der Messe abzulegen. Vielmehr begleitete mich dieser den ganzen restlichen Tag – und das obwohl ich nicht wirklich nachtragend bin. Ich war schon Gast auf sehr vielen Messen dieser Art, und vielleicht lag es auch nur an der Wahl des Besuchstages an einem Samstag, aber so etwas wie diesen Marktplatz des außergewöhnlichen (Nach-)Geschmacks, habe ich bisher noch nicht erlebt.
Update vom 15.04.2014
In einem Gespräch bei der Slowfood Messe 2014 klärte mich Kommunikationsleiter Presse Andreas Wallbillich darüber auf, dass ich nicht der Einzige war, der sich über diese Messe beschwert hatte. Das Problem lag wohl daran, dass die Messe mitten in den Osterferien stattfand und deshalb extrem stark besucht war. Kein Wunder drückten sich damals so viele Besucher durch die Gänge, was teilweise auch das genervte Standpersonal erklärt, jedoch aus Besuchersicht nicht entschuldigt. Mag sein, dass ich aus heutiger Sicht einiges anders sehen würde, aber zum Zeitpunkt des Besuchs war es eben so. Osterferien hin oder her.
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